Stell dir vor, es ist der vorletzte Spieltag der Saison und es geschehen kleine und große Wunder. Das kleine Wunder ereignete sich in Leipzig. Am Saisonbeginn mit einer Aufstiegswahrscheinlichkeit von unter 10% gehandelt spielte unsere 1.Mannschaft eine solch hervorragende Saison, dass man den Aufstieg in die Sachsenliga an diesem Spieltag mit einem 5:3 Erfolg bei der SG Leipzig nur noch als kleines Wunder bezeichnen kann. Zu souverän waren die Auftritte in der gesamten Spielzeit.

Super Teamleistung! Herzlichen Glückwunsch!

Das gößere Wunder ereignete sich in der Bezirksliga. Eigentlich hatte unsere 2.Mannschaft mit der Niederlage am letzten Spieltag die Aufstiegsambitionen komplett ruiniert. Doch der Tabellenerste Aufbau Chemnitz erlaubt uns mit seinem 4:4 Spieltagsergebnis doch noch ein Aufstiegsendspiel am letzten Spieltag.

 

So sehen Aufsteiger aus!

 

Vielleicht nicht unbedingt schön, aber immerhin glücklich! Eine ganze Runde vor Schluss haben wir uns den Aufstieg gesichert – gegen einen unserer härtesten Konkurrenten! (Nicht im Bild, aber natürlich auch zu erwähnen: Kai, Niclas, Lucas, Roland)

Am vorletzten Spieltag der aktuellen Saison, dem 6. April 2025, empfing uns die Schachgemeinschaft Leipzig. Die Ausgangslage war sowohl komfortabel als auch angespannt zugleich. Zwar lagen wir mit drei Mannschaftspunkten Vorsprung auf Platz eins der Tabelle, jedoch waren es genau unsere beiden direkten Verfolger, die SG Leipzig und König Plauen, gegen die wir in den letzten beiden entscheidenden Runden antreten mussten. Ein Fehltritt hätte leicht zur Folge haben können, dass wir unseren mühsam erarbeiteten Vorsprung doch noch verspielten.

Die Vorzeichen vor dem Mannschaftskampf gegen Leipzig standen unter keinem guten Stern. Die Oberliga war bereits beendet, wodurch unsere Gastgeber aus Leipzig ihre beste Mannschaft aufbieten konnten. Gerade an den vorderen Brettern präsentierten sie sich enorm stark. Uns hingegen fehlte mit Kai einer unserer spielstärksten Akteure an den hinteren Brettern. Diese Lücke zu kompensieren stellte bereits eine beträchtliche Herausforderung dar. Hinzu kam, dass auch unsere bewährten Ersatzkräfte Lucas, Niclas und Roland nicht verfügbar waren. So rückte Lutz aus der zweiten Mannschaft ins Team auf – aber der sollte sich wirklich als Joker herausstellen.

Unsere Mannschaftsaufstellung lautete folglich:

  1. Bernd

  2. Stefan

  3. Markus (euer Berichterstatter)

  4. Migu

  5. Frank

  6. Kevin

  7. Schöni

  8. Lutz

Mit dieser personellen Ausgangslage gingen wir in einen richtungsweisenden und äußerst herausfordernden Wettkampf gegen stark besetzte Leipziger.

Anlaufschwierigkeiten

Hinzu kam ein unerwartetes logistisches Problem: Frank hatte eigentlich geplant, Schöni und mich (Markus) einzusammeln. Durch Unfälle und Sperrungen waren die Zufahrtswege rund um Zwickau teilweise blockiert, was uns gute 25 Minuten kostete. Wir nahmen unterwegs noch Migu in Zwickau mit und machten uns dann gemeinsam auf den Weg. Dank Franks optimistischer Fahrweise erreichten wir das Spiellokal schließlich nur mit einer leichten Verspätung. Glücklicherweise war Bernd schon rechtzeitig da, der extra aus Bamberg zu uns stieß.

Am Spiellokal angekommen, standen wir zunächst etwas ratlos vor der Eingangstür und rüttelten vergeblich daran – bis wir bemerkten, dass die Tür ganz einfach nach innen aufging, wie es sich für eine gute Fluchttür gehört. Wir durchquerten einen großen, fast schon majestätisch wirkenden Saal mit reichlich Platz, nur um uns dann ganz eng zusammengedrückt zu unseren bereits anwesenden Spielkameraden zu gesellen. Und damit begann der Mannschaftskampf gegen die Leipziger.

Zu Beginn des Wettkampfs waren bereits die Bretter 1 (Bernd), 2 (Stefan), 6 (Kevin) und 7 (Schöni) aktiv. Aus den Eröffnungen ließ sich zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht viel Konkretes ablesen. Dennoch ergaben sich erste Eindrücke:

Bernd an Brett 1 hatte eine Stellung auf dem Brett, die aus theoretischer Sicht vielleicht nicht die kritischste Art ist, mit Weiß zu spielen – aber genau das ist eine Variante, die er gut kennt und in der er sich äußerst wohlfühlt. Ähnlich war es bei Schöni an Brett 7, der aus der Eröffnung heraus eine für ihn typische Stellung erreichte, in der er sich sehr sicher bewegen kann.

Bei Kevin an Brett 6 sah es da schon ganz anders aus. Nachdem er sich zuletzt lobend über meinen Mannschaftsbericht gefreut hatte, in dem ich seine solide Spielweise hervorgehoben hatte, entschied er sich diesmal offenbar für eine kreative Abwechslung: Statt einer stabilen, berechenbaren Stellung stand er nach der Eröffnung schlichtweg schlecht – als hätte er sich vorgenommen, diesmal das Gegenteil zu beweisen.

Die Eröffnung lief tatsächlich nicht gut für ihn, aber um ehrlich zu sein, hatte ich auch nichts anderes erwartet. Kevin ist ein klassischer Mittelspieler – einer, der es genießt, seine zunächst völlig unkoordiniert stehenden Figuren im Laufe der Partie so zu manövrieren, dass sie am Ende doch erstaunlich harmonisch zusammenspielen. Und genau so kennt und liebt man Kevin eben.

An den übrigen Brettern war zu diesem Zeitpunkt noch wenig Klarheit. Doch es gab schon früh eine erste Entscheidung. In meiner eigenen Partie wählte mein Gegner eine sehr solide Verteidigung, in der er sich offensichtlich bestens auskannte. Nach einigen Zügen entstand eine ausgeglichene Mittelspielstellung, in der wenig Spannungsmomente zu erwarten waren. Als er mir ein Remis anbot, nahm ich das in Absprache mit unserem Mannschaftsleiter an. So endete meine Partie vergleichsweise früh, und wir hatten den ersten halben Punkt auf beiden Seiten.

Die ersten Bretter zeichnen sich ab …

In der Zwischenzeit begannen sich auch andere Partien zu entwickeln. Bei Migu an Brett 4 war schnell klar, dass er mit seiner Eröffnungsbehandlung ganz und gar nicht zufrieden war – meines Erachtens unverdienterweise. Die Stellung war zumindest spielbar. Dennoch saß er im frühen Mittelspiel eine geschlagene Stunde am Brett, ohne einen Zug zu machen. Ich hatte fast das Gefühl, ich müsste ihn daran erinnern, dass er am Zug war – was natürlich streng genommen nicht erlaubt gewesen wäre. Doch vielleicht hatte er sich auch einfach nur auf seine Aufgabe versteift, emotional Support zu leisten.

Dafür konnte ich bei Frank an Brett 5 sehen, dass er – sollte er seine Eröffnung korrekt weiterspielen – auf bestem Wege war, eine sehr gute, komfortable Stellung mit Weiß zu erreichen. Und was soll ich sagen? Frank hat seine Stellung genau so weitergespielt, wie es nötig war. Solide, durchdacht, mit dem nötigen Gespür für die Initiative.

Auch bei Kevin zeigte sich, dass er sich Stück für Stück aus seiner misslichen Lage befreite. Seine Figuren fanden langsam zueinander, und er manövrierte sich zunehmend in eine spielbare, vielleicht sogar aussichtsreiche Position.

Schöni spielte an Brett 7 weiterhin sehr solide und ruhig – ganz in seinem Stil. Auch Bernd an Brett 1 ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und festigte seine Stellung kontinuierlich. Beiden konnte ich ansehen, dass ihnen ihre Stellung deutlich lag.

Stefan hielt sich an Brett 2 gut gegen seinen sehr, sehr starken Gegner – die Partie war zu diesem Zeitpunkt noch völlig offen.

Bei Lutz an Brett 8 konnte ich lange keine klare Einschätzung treffen. Doch als ich schließlich an sein Brett trat und genauer hinsah, war ich positiv überrascht: Mit Schwarz hatte er seine Figuren hervorragend umgruppiert und eine spürbar verbesserte Stellung erreicht. Von seinem Brett war in dieser Phase definitiv noch einiges zu erwarten.

Und so kam es auch: Nach einem intensiven Kampf kristallisierte sich sowohl bei Lutz als auch bei Kevin eine klar bessere Stellung für Schwarz heraus. Dann folgte die erste erlösende Botschaft des Tages – Kevin hatte tatsächlich gewonnen! Das war ein gewaltiger Schub für die Mannschaft.

In der Zwischenzeit standen auch Lutz sowie Frank an Brett 5 sehr gut. Der positive Trend, den ich zuvor angedeutet hatte, bestätigte sich zunehmend. Lutz war der dritte Spieler, der seine Partie beendete – mit einem überzeugenden Sieg. Damit lagen wir 2,5 zu 0,5 in Führung, und das bedeutete bereits einen beachtlichen Teilerfolg. Zwar kämpfte Migu an Brett 4 weiterhin mit seiner Stellung, aber insgesamt konnten wir zu diesem Zeitpunkt durchaus optimistisch sein.

Der Joker

Lutz hatte sich an Brett 8 eine unheimlich tolle Stellung erspielt … Sein Gegner hatte im Grunde kaum mehr eigene Pläne:

 

Sein Gegner kann hier mit Weiß nicht mehr viel machen … die Figuren stehen alle unkoordiniert. Vielleicht hätte er einfach stehenbleiben sollen und auf das Beste hoffen – stattdessen fand er den Plan, mit dem König nach e1 zu laufen?!

 

Das führte dann zu dieser Stellung, in der Weiß wirklich überhaupt nichts mehr ziehen kann. Nach 23. f4 gxf4 24. gxf4Lh4+ 25. Kf1 Sxe2 26. Sxe2 Td3 …

 

gab sich sein Gegner geschlagen, ohne noch Dg1 Lh3+ sehen zu wollen.

 

Leipzig holt auf

Allerdings gab es aus Leipziger Sicht absolut keinen Grund, den Mut zu verlieren. An Brett 2 hatte sich Stefans Gegner zunehmend eine vorteilhafte Stellung erarbeitet. Und Migu, der an Brett 4 weiter mit seiner Zeitnot kämpfte, hatte sich mehrere Probleme eingehandelt. So sehr, dass er sich innerlich schon mit einer Niederlage abgefunden hatte. Doch sei es drum: Diese beiden Bretter kippten zugunsten der Leipziger, die sich damit die beiden Ausgleichspunkte sicherten.

 

Interessanterweise hatte Migu hier sogar einen Gewinn übersehen. Er hatte wohl schon innerlich resigniert und einfach mit Kxf8 zurückgeschlagen und einfach verloren; Zeit hatte er ja ohnehin nicht mehr. Tatsächlich hätte hier aber 36. … Sf4!! Zum Matt geführt! Naja, Migu nahm die spätere Erkenntnis mit Humor … und das angesichts der Mannschaftsleistung auch zu Recht.

Wir standen aber wirklich, wirklich gut. Schöni an Brett 7 hatte seine Partie jederzeit schön unter Kontrolle; und bei Frank an Brett 5 ging man ohnehin davon aus, dass er seine Stellung zum Sieg führen würde – auch wenn sich das Spiel dort noch in einem langwierigen, taktischen Hin und Her befand.

Der Durchbruch

Und dann geschah das, was für mich völlig überraschend kam: Bernd gewann plötzlich seine Partie an Brett 1!

Damit waren 3,5 Punkte bereits auf unserem Konto, und alles sah gut aus an den verbleibenden Brettern. Franks Gegner fand zwar nach einer kleinen Ungenauigkeit noch eine Möglichkeit zur Verteidigung, griff aber in der entscheidenden Phase doch völlig fehl. Frank nutzte das konsequent aus:

 

In dieser Stellung hätte Frank mit 45. Tb8 Tb5 46. b7 einen ziemlich einfachen Sieg haben können. Stattdessden gab er seinem Gegner mit 45. Th7? hier noch eine Chance, die jener auch anfänglich nutzte. Es folgte 45. … Txd5 46. Txh6 Kg5 47. Th8 Tb5 48. Tb8, aber diese Stellung ist eigentlich Remis, wenn sein Gegner versteht, dass er mit dem König nach g7 laufen muss. Stattdessen spielte er …

 

48. … Kf4?? … das war der Moment, an dem uns allen klar wurde, dass wir aufsteigen … denn gegen b7 gefolgt von dem Schach auf der Grundreihe hat Schwarz keine Chance mehr. Damit war der Sack gefroren! Wir spielen in der Sachsenliga!

Schöni hatte zwischenzeitlich sogar einen sehr schönen Angriff aufgebaut, den er letztlich jedoch nicht zum vollen Punkt verwerten konnte. Aber das war in diesem Moment völlig nebensächlich – sein sicheres Remis bedeutete den fünften Punkt und damit den Mannschaftssieg mit 5:3.

Aufstieg!

Und dieser Sieg war mehr als nur ein schöner Erfolg: Er bedeutete den Aufstieg – eine Runde vor Schluss!

Was soll ich sagen? Ich bin stolz auf unsere Truppe, auf all unsere Ersatzspieler, und auf Lutz, der in dem entscheidenden Mannschaftskampf einen entscheidenden Punkt beisteuerte. Umso mehr freue ich mich, euch alle zu meinem Geburtstag noch auf ein paar Getränke eingeladen zu haben … denn der Anlass war mehr als nur ein Geburtstagstreffen, sondern ein historisches Ereignis für den Zwickauer SC. Zum ersten Mal schafft es dieser Verein in die Sachsenliga!

 

 

,Das 2.Team am 8.Spieltag

Am vorletzten Spieltag musste unser Team 2 zum Schlußlicht der Staffel nach Lichtentanne. Nach der Niederlage am letzten Spieltag bestand die Aufgabe nur darin, die Saison mit ordentlichen Spielen  in Runde 8 und 9 abzuschließen, da der Aufstieg eh durch war. 

Gegen den Tabellenletzten waren wir haushoher Favorit und Lichtentanne half auch noch kräftig mit bei unserem Erfolg. Sie ließen wahrhaftig 3 Bretter frei, sodass wir 10 Uhr bereits mit 3:0 führten, ohne dass Frank, Volker und Mario auch nur eine Figur ziehen mussten. Mit unserer numerischen Überlegenheit an den hinteren Brettern schraubten Bert, Sebastian und Jens unsere Führung auf 6:0. 

Blieben noch die beiden Spitzenbretter. Da verrechnete sich Tilo leider im Mittelspiel und Lichtentanne konnte auf 1:6 verkürzen. Und unser Gerd an Brett 1 kämpfte zwar bis nach 14 Uhr, aber leider einen aussichtslosen Kampf. So hatten wir 6:2 standesgemäß gewonnen und alles war gut. 

Doch dann kam im Laufe des Nachmittags die große Überraschung und der Spieltag wurde sehr gut.  Aufbau Chemnitz lässt uns im Duell gegeneinander am letzten Spieltag noch eine Minichance auf den Aufstieg. Braucht aber einen 5,5:2,5 Erfolg, was so richtig schwer werden dürfte. Aber nichts ist unmöglich.